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Der Senat der Freien Hansestadt Bremen hat zum Inkrafttreten des Justizstandortstärkungsgesetzes (BGBl. I 2024 Nr. 302) zum 01.04.2025 durch die Senatorin für Justiz und Verfassung von den Verordnungsermächtigungen der §§ 119b Abs. 1, 184a Abs. 1 Nr. 2 GVG Gebrauch gemacht und für ausgewählte Sachgebiete bei dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Bremen einen Senat als Commercial Court eingerichtet (Verordnung zur Errichtung und Ausgestaltung der Commercial Courts der Freien Hansestadt Bremen – CCVO; Verlinkung ab dem 3. April 2025).

Das Verfahren vor dem Hanseatischen Commercial Court für Luft- und Raumfahrt, Logistik und Seehandel Bremen (HCCB) verschafft Unternehmen die Möglichkeit, bei Streitigkeiten in bestimmten Bereichen den Commercial Court als Gericht des ersten Rechtszuges anzurufen (Einzelheiten unter Zuständigkeit s.u.). Es bietet den Unternehmen dadurch einerseits die Vorteile der staatlichen Gerichtsbarkeit, die zunächst in dessen Besetzung mit kompetenten und unabhängigen Richterinnen und Richter bestehen, die mit großen juristischen Fähigkeiten und Erfahrungen in wirtschaftsrechtlichen Streitigkeiten sowie einem hohen Berufsethos arbeiten, andererseits wird mit den Entscheidungen des Commercial Courts sogleich ein vollstreckbarer Titel geschaffen. Darüber hinaus kann im staatlichen Instanzenzug auch eine verbindliche Klärung von Rechtsfragen durch den Bundesgerichtshof erwirkt werden. Zudem liegen die Gerichtsgebühren in einem moderaten Bereich.

Andererseits ist das Verfahren vor dem Commercial Court auf die besonderen Bedürfnisse von Unternehmen zugeschnitten, die im internationalen Bereich tätig sind. So eröffnet § 2 der CCVO in Verbindung mit , §§ 606 ff. ZPO die Möglichkeit, das Verfahren in englischer Sprache zu führen und hierbei englischsprachige Urkunden zu verwenden. Ergänzend zum anwendbaren allgemeinen Verfahrensrecht sieht § 612 ZPO im ersten Rechtszug einen frühen Organisationstermin vor, mit dem so früh wie möglich Vereinbarungen über den Ablauf des Verfahrens getroffen werden, damit die Verfahren konzentriert und zügig abgeschlossen werden können. Daneben hat der Bundesgesetzgeber mit der zeitgleichen Einführung des § 273a ZPO die Möglichkeiten ausgeweitet, als Unternehmer bereits frühzeitig darauf hinzuwirken, dass streitgegenständliche Informationen als geheimhaltungsbedürftig einzustufen sind. Diese Einstufung löst die Schutzwirkungen der §§ 16 bis 20 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen aus.

Zuständigkeit

Der Senat der Freien Hansestadt Bremen hat zum Inkrafttreten des Justizstandortstärkungsgesetzes (BGBl. I 2024 Nr. 302 [mit Link]) zum 01.04.2025 durch die Senatorin für Justiz und Verfassung von den Verordnungsermächtigungen der §§ 119b Abs. 1, 184a Abs. 1 Nr. 2 GVG Gebrauch gemacht und für ausgewählte Sachgebiete bei dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Bremen einen Senat als Commercial Court eingerichtet (Verordnung zur Errichtung und Ausgestaltung der Commercial Courts der Freien Hansestadt Bremen – CCVO, mit Link auf Transparenzportal).

Das Verfahren vor dem Hanseatischen Commercial Court für Luft- und Raumfahrt, Logistik und Seehandel Bremen (HCCB) verschafft Unternehmen die Möglichkeit, bei Streitigkeiten in bestimmten Bereichen den Commercial Court als Gericht des ersten Rechtszuges anzurufen (Einzelheiten unter Zuständigkeit [Link]). Es bietet den Unternehmen dadurch einerseits die Vorteile der staatlichen Gerichtsbarkeit, die zunächst in dessen Besetzung mit kompetenten und unabhängigen Richterinnen und Richter bestehen, die mit großen juristischen Fähigkeiten und Erfahrungen in wirtschaftsrechtlichen Streitigkeiten sowie einem hohen Berufsethos arbeiten, andererseits wird mit den Entscheidungen des Commercial Courts besonders zügig – ohne das Durchlaufen von zwei Tatsacheninstanzen – ein vollstreckbarer Titel geschaffen. Darüber hinaus kann im staatlichen Instanzenzug auch eine verbindliche Klärung von Rechtsfragen durch den Bundesgerichtshof erwirkt werden. Zudem liegen die Gerichtsgebühren in einem moderaten Bereich. Sie orientieren sich an der wirtschaftlichen Bedeutung der Streitigkeit und sind durch feste Sätze transparent zu ermitteln.

Andererseits ist das Verfahren vor dem Commercial Court auf die besonderen Bedürfnisse von Unternehmen zugeschnitten, die im internationalen Bereich tätig sind. So eröffnet § 2 der CCVO in Verbindung mit § 184a Abs. 1 GVG, §§ 606 ff. ZPO die Möglichkeit, das Verfahren in englischer Sprache zu führen und hierbei englischsprachige Urkunden zu verwenden. Ergänzend zum anwendbaren allgemeinen Verfahrensrecht sieht § 612 ZPO im ersten Rechtszug einen frühen Organisationstermin vor, mit dem so früh wie möglich Vereinbarungen über den Ablauf des Verfahrens getroffen werden, damit die Verfahren konzentriert und zügig abgeschlossen werden können. Die bestehende Flexibilität der ZPO kann hier genutzt werden, um im Rahmen eines staatlichen Gerichtsverfahrens viele Vorteile zu verwirklichen, die Unternehmern aus Verfahren vor der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit vertraut sind. Daneben hat der Bundesgesetzgeber mit der zeitgleichen Einführung des § 273a ZPO die Möglichkeiten ausgeweitet, als Unternehmer bereits frühzeitig darauf hinzuwirken, dass streitgegenständliche Informationen als geheimhaltungsbedürftig einzustufen sind. Diese Einstufung löst die Schutzwirkungen der §§ 16 bis 20 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen aus.

1. Im ersten Rechtszug

Die Zuständigkeit des Commercial Courts im ersten Rechtszug setzt voraus, dass auf beiden Seiten des Rechtsstreits Unternehmen (§ 14 BGB) stehen. Für Rechtsstreitigkeiten mit Verbraucherbeteiligung verbleibt es beim dreistufigen Instanzenzug der ordentlichen Gerichte mit dem lokalen Bezug zu den Amts- und Landgerichten als Eingangsinstanz.

Der Streitwert des Verfahrens muss zudem 500.000 € überschreiten.

Schließlich muss die Streitigkeit auch sachlich dem Commercial Court zugewiesen sein. Nach Maßgabe des § 1 der CCVO kann der Commercial Court Bremen in Streitigkeiten im Bereich der Fracht-, Speditions- und Lagergeschäfte oder des Seehandelsrechts angerufen werden.

Zusätzlich besteht die Möglichkeit, den Commercial Court Bremen im ersten Rechtszug bei Konflikten anzurufen, die bestimmte besondere Verfahrensgegenstände betreffen. Hierzu zählen Streitigkeiten über Anlagen zur Herstellung von Wasserstoff oder über den Bezug von Wasserstoff. Ferner zählen hierzu Streitigkeiten im Bereich der zivilen Luftfahrttechnologie und der Weltraumtechnologie. Hier können beim Commercial Court über sämtliche Rechtsfragen und alle streitigen Tatsachen verhandelt werden.

Zuletzt müssen die Parteien sich – ausdrücklich oder stillschweigend – auf die Zuständigkeit des Commercial Court einigen. Dies kann auf zwei Wegen geschehen:

Die Parteien können die Zuständigkeit des Hanseatischen Commercial Court für Luft- und Raumfahrt, Logistik und Seehandel Bremen (HCCB) durch Vereinbarung bestimmen (§ 119b Abs. 2, 1. Alt. GVG), sei es vorab oder konkret mit Bezug auf eine bereits bestehende Streitigkeit. Mit dieser Regelung wird die bereits bestehende Prorogationsmöglichkeit für Kaufleute aus § 38 ZPO und die Möglichkeit der Wahl des internationalen Gerichtsstandes aus Art. 25 Brüssel Ia-VO erweitert. Denn erstmals haben die Parteien die Möglichkeit, auch die Zuständigkeit eines bestimmten Spruchkörpers, des Commercial Courts, vertraglich zu vereinbaren.

Ferner kann der Kläger bzw. die Klägerin ohne vorherige ausdrückliche Vereinbarung in einer Streitigkeit, die in die Zuständigkeit des Hanseatischen Commercial Court für Luft- und Raumfahrt, Logistik und Seehandel Bremen (HCCB) fällt, einen entsprechenden Antrag in der Klageschrift stellen. Auch in diesem Fall muss der bzw. die Beklagte zustimmen. Eine solche Zustimmung wird aber bereits dadurch erklärt, dass der oder die Beklagte sich auf dieses Verfahren in der Klageerwiderung rügelos einlässt (§ 119b Abs. 2, 2. Alt GVG). In der Regel wird ein derartiges Prozedere von den Parteien vor Erhebung der Klage abgesprochen.

2. Im zweiten Rechtszug

Die Zuständigkeit des Hanseatischen Commercial Court für Luft- und Raumfahrt, Logistik und Seehandel Bremen (HCCB) als Beschwerde- oder Berufungsinstanz gegen Entscheidungen des Landgerichts setzt ebenso wie im ersten Rechtszug voraus, dass ein Streit zwischen Unternehmen vorliegt. Auch hier muss der Streitwert 500.000 € überschreiten. Der Rechtsstreit muss zudem solche Gegenstände betreffen, die dem Commercial Court zugewiesen sind (dazu die Darstellung zum ersten Rechtszug [Link]).

Eines gesonderten Antrages einer Partei oder der Zustimmung beider Parteien bedarf es im zweiten Rechtszug dagegen nicht.

Gang des Verfahrens

Im ersten Rechtszug

In den Verfahren vor dem Commercial Court müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Die Klageschrift wie auch alle weiteren Schriftsätze sind – wie bei den Gerichten üblich – elektronisch einzureichen, auch der Commercial Court wird mit den Parteien ausschließlich auf diesem Wege kommunizieren.

Die Klageschrift muss, über die allgemeinen Anforderungen zur Begründung der Ansprüche hinaus, die notwendigen Angaben zur Begründung der Zuständigkeit des Commercial Court enthalten. Entweder wird bereits mit der Einreichung der Klage eine entsprechende Vereinbarung der Parteien dargelegt oder es ist mit der Klageschrift der Antrag zu stellen, das Verfahren im ersten Rechtszug vor dem Commercial Court zu führen, so dass die Beklagtenseite sich darauf (ausdrücklich oder ohne Rüge der Zuständigkeit des Commercial Courts) einlassen kann. In der Klageschrift ist ebenfalls anzugeben, ob das Verfahren vollständig in englischer Sprache geführt werden soll (§ 606 ZPO). Auch diese Festlegung der Gerichtssprache muss einvernehmlich erfolgen, entweder durch – ausdrückliche oder stillschweigende – Vereinbarung oder aber durch rügelose Einlassung des bzw. der Beklagten auf den Antrag in der Klageschrift, das Verfahren in englischer Sprache zu führen (§ 184a Abs. 3 GVG). Die Parteien können von der Führung des Prozesses in englischer Sprache einvernehmlich wieder Abstand nehmen (§ 184a Abs. 5 GVG).

Ist auf diese Weise die englische Sprache als Gerichtssprache bestimmt, können die Parteien englischsprachige Urkunden einreichen, ohne eine Übersetzung in die deutsche Sprache beibringen zu müssen (§ 184a Abs. 3 Nr. 2 GVG). Das Gericht kann jederzeit Dolmetscher oder Übersetzer hinzuziehen. Für die Einbeziehung Dritter, insbesondere die Streitverkündung, gelten bei Bestimmung der englischen Sprache als Gerichtssprache besondere Vorgaben (§ 607 ZPO). Der Dritte hat die Möglichkeit, der Zustellung eines englischsprachigen Schriftsatzes binnen 2 Wochen zu widersprechen; allerdings wirkt die anschließende fristgerechte Zustellung des englischsprachigen Schriftsatzes zusammen mit einer Übersetzung in die deutsche Sprache für Fragen der Verjährung auf die ursprüngliche Zustellung des englischsprachigen Schriftsatzes zurück (§ 607 Abs. 2, Abs. 3 ZPO).

Der Commercial Court wird einen frühen Organisationstermin anberaumen, um die Organisation und den Ablauf des Verfahrens zu erörtern, § 612 ZPO. Gerade in dieser frühzeitigen Einbeziehung der Parteien zeigt sich die Orientierung an der Praxis der Schiedsgerichtsbarkeit; hier ist auch eine sehr weitgehende Berücksichtigung der Vorstellungen der Parteien hinsichtlich der weiteren Verfahrensgestaltung möglich.

Im Übrigen wendet der Commercial Court die allgemeinen Verfahrensvorschriften an und erlässt ggf. ein Urteil, das bei Bestimmung der englischen Sprache als Gerichtssprache auch in englischer Sprache abgefasst ist; auf Antrag wird der Tenor eines Urteils oder ein Vergleich in die deutsche Sprache übersetzt, § 608 Abs. 1, 2 ZPO.

Gegen die Entscheidung des Commercial Courts findet die Revision zum Bundesgerichtshof statt, ohne dass es einer Zulassung bedürfte, § 614 ZPO. Auf einen in der Rechtsmittelschrift gestellten Antrag kann auch das Rechtsmittelverfahren in englischer Sprache geführt werden (§ 184 b Abs.1 GVG).

Im zweiten Rechtszug

Die fachliche Spezialisierung des Commercial Court für in seine Sachgebiete fallende Verfahren soll auch für Beschwerde- oder Berufungsverfahren gegen Entscheidungen des Landgerichts genutzt werden können. Das Verfahren vor dem Commercial Court im zweiten Rechtszug unterscheidet sich von sonstigen Beschwerde- und Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht im Wesentlichen durch erweiterte Möglichkeiten, in englischer Sprache vorzutragen. Selbst wenn erstinstanzlich auf Deutsch verhandelt sein sollte, können die Parteien mit Zustimmung der Gegenseite in englischer Sprache vor dem Commercial Court vortragen (§ 184a Abs. 3 S. 2 GVG).

Im Übrigen sind die Verfahrensvorschriften der ZPO für das Verfahren in der Beschwerde- oder Berufungsinstanz anzuwenden.