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26.05.2023 - Zum Haftgrund der Wiederholungsgefahr nach § 112a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StPO

Datum der Entscheidung
26.05.2023
Aktenzeichen
1 Ws 40/23
Normen
StPO §§ 112 Abs. 1 S. 1, 112a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 116, 120 Abs. 1 S. 1, 121 Abs. 3, 122a; StGB §§ 263, 266a
Rechtsgebiet
Strafprozessrecht
Schlagworte
Strafprozessrecht, Untersuchungshaft, Haftgrund der Wiederholungsgefahr
Titel der Entscheidung

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Zum Haftgrund der Wiederholungsgefahr nach § 112a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StPO (177.9 KB)
Leitsatz
1. Die Untersuchungshaft wegen Wiederholungsgefahr ist kein Mittel der Verfahrenssicherung, sondern eine vorbeugende Maßnahme zum Schutz der Rechtsgemeinschaft vor weiteren erheblichen Straftaten. Es sind daher aus verfassungsrechtlichen Gründen strenge Anforderungen an den Haftgrund und die Qualität des Anlassdeliktes zu stellen.

2. Als die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende Taten nach § 112a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StPO kommen nur Taten überdurchschnittlichen Schweregrades und Unrechtsgehaltes in Betracht bzw. solche, die mindestens in der oberen Hälfte der mittelschweren Straftaten liegen, wobei jede einzelne Tat ihrem konkreten Erscheinungsbild nach den erforderlichen Schweregrad aufweisen muss.

3. Die Wiederholungsgefahr muss durch bestimmte Tatsachen begründet sein, die eine so starke Neigung des Beschuldigten zu einschlägigen Straftaten erkennen lassen, dass die naheliegende Gefahr besteht, er werde noch vor rechtskräftiger Verurteilung in der den Gegenstand des Ermittlungsverfahrens bildenden Sache weitere gleichartige Taten begehen. Diese Gefahrenprognose erfordert eine hohe Wahrscheinlichkeit der Fortsetzung des strafbaren Verhaltens, wobei auch Indiztatsachen zu berücksichtigen sind.

4. Betrugstaten nach § 263 StGB können auch dann taugliche Anlasstaten nach § 112a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StPO darstellen, wenn lediglich aufgrund der in der Baubranche geltenden Beitragspflicht zur Sozialkasse Bau der § 263 StGB hier nicht von dem nicht im Katalog der Anlasstaten genannten spezielleren § 266a StGB verdrängt wird.

5. Die Ruhensvorschrift des § 121 Abs. 3 StPO findet Anwendung auch auf die Frist nach § 122a StPO für den Vollzug einer auf den Haftgrund der Wiederholungsgefahr gestützten Untersuchungshaft.