Sie sind hier:
  • Entscheidungen
  • Entscheidungsübersicht
  • Zu den Voraussetzungen für das Vorliegen des Umstandsmoments im Rahmen der Verwirkung des Widerrufsrechts bei einem Verbraucher-Darlehensvertrag

08.09.2020 - Zu den Voraussetzungen für das Vorliegen des Umstandsmoments im Rahmen der Verwirkung des Widerrufsrechts bei einem Verbraucher-Darlehensvertrag

Datum der Entscheidung
08.09.2020
Aktenzeichen
1 U 56/20
Normen
BGB §§ 242, 346, 355; BGB-InfoVO § 14 Abs. 1 a.F.
Rechtsgebiet
Sonstiges Zivilrecht
Schlagworte
sonstiges Zivilrecht, Verbraucherdarlehensrecht, Verbraucher-Darlehensvertrag, Widerrufsrecht, Verwirkung, Umstandsmoment
Titel der Entscheidung

Warning: preg_replace(): Unknown modifier '.' in /srv/nfs-share/data/sixcms/oberlandesgericht/sixcms_upload/templates/template472.php on line 45
Zu den Voraussetzungen für das Vorliegen des Umstandsmoments im Rahmen der Verwirkung des Widerrufsrechts bei einem Verbraucher-Darlehensvertrag (261 KB)
Leitsatz

1. Das Vorliegen des Umstandsmoments im Rahmen der Verwirkung des Widerrufsrechts bei einem Verbraucher-Darlehensvertrag ist nicht im Sinne einer tatsächlichen Vermutung bei Vorliegen bestimmter Umstände anzunehmen, sondern es sind alle relevanten Umstände des Einzelfalls heranzuziehen und zu bewerten.

2. Ein Faktor von maßgeblichem Gewicht für die Annahme des Umstandsmoments ist es, wenn der Vertrag auf Wunsch des Verbrauchers bzw. von den Parteien einverständlich beendet wurde. Auch hieraus ist aber nicht ohne weiteres auf das Vorliegen des Umstandsmoments zu schließen, sondern es bedarf weiterhin einer Gesamtwürdigung.

3. Ein weiterer Zeitablauf zwischen der Ablösung bzw. sonstigen Beendigung des Darlehens und dessen Widerruf kann für die Bejahung des Umstandsmoments von Bedeutung sein.

4. Die Aufgabe von Sicherheiten für das Darlehen kann für die Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Darlehensgebers sprechen. Dies gilt nicht, wenn sich der Darlehensgeber lediglich einem Dritten gegenüber schuldrechtlich zur Abtretung der Sicherheiten verpflichtet und er durch den verbleibenden Wert der Sicherheiten weiterhin hinreichend gesichert in Bezug auf etwaige Ansprüche aus einer Darlehensrückabwicklung bleibt.

5. Gegen die Annahme des Umstandsmoments spricht es, wenn auch nach der Beendigung des konkreten streitgegenständlichen Darlehensvertrags in wirtschaftlicher Hinsicht das Darlehensverhältnis zwischen den Vertragsparteien hinsichtlich der ursprünglichen Verbindlichkeit bzw. eines an deren Stelle getretenen Betrags fortgesetzt wurde.

6. Das Ablaufen der Zinsbindungsfrist bei einem zu diesem Zeitpunkt noch nicht beendeten Darlehen ist kein Umstand, der ein schutzwürdiges Vertrauen des Darlehensgebers darin zu begründen geeignet ist, dass ein Darlehenswiderruf nicht mehr erfolgen werde.

7. Dass ein Darlehensnehmer von einem Widerrufsrecht bei einem noch nicht beendeten Darlehensvertrag zunächst keinen Gebrauch macht, obwohl er bereits zur Frage des Bestehens eines Widerrufsrechts anwaltlich beraten ist, begründet kein schutzwürdiges Vertrauen des Darlehensgebers darin, dass ein Widerruf nicht mehr erfolgen werde.

8. Bei einem noch nicht beendeten Darlehensvertrag kann die Vereinbarung einer Prolongation oder Konditionenänderung grundsätzlich kein schutzwürdiges Vertrauen des Darlehensgebers darin begründen, dass ein Darlehenswiderruf nicht mehr erfolgen werde.

9. Gegen die Entstehung schutzwürdigen Vertrauens des Darlehensgebers in das Nichterfolgen eines Darlehenswiderrufs spricht es, wenn der Darlehensgeber gegenüber dem Darlehensnehmer offen lässt, ob er die Wirksamkeit des Widerrufs eines mit einer identischen Widerrufsbelehrung versehenen Darlehen anerkennt.