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15.07.2020 - Zur Prospekthaftung im weiteren Sinne bei Ergebnisprognosen im Prospekt für einen „blind pool“-Fonds, wenn diese Prognosen nicht auf der Grundlage sorgfältig ermittelter Tatsachen beruhen, sondern willkürlich gegriffene Angaben darstellen

Datum der Entscheidung
15.07.2020
Aktenzeichen
1 U 62/19
Normen
BGB § 199, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 307 Abs. 2, § 309 Nr. 7 Buchst. a, § 311 Abs. 2
Rechtsgebiet
Sonstiges Zivilrecht
Schlagworte
sonstiges Zivilrecht, Prospekthaftung im weiteren Sinne, Treuhandkommanditist einer Publikums-KG, Verjährung
Leitsatz
1. Zieht der Treuhandkommanditist einer Publikums-KG zur Erfüllung seiner Aufklärungspflichten gegenüber den Anlegern einen von Dritten erstellten Prospekt heran, so darf sich der Anleger darauf verlassen, dass die in dem Prospekt enthaltenen Prognosen nicht aus der Luft gegriffen, sondern aus der ex-ante Perspektive vertretbar sind. Es begründet dagegen einen haftungsbegründenden Prospektfehler, wenn die im Prospekt enthaltenen Prognosen nicht auf der Grundlage sorgfältig ermittelter Tatsachen beruhen, sondern willkürlich gegriffene Angaben ohne erkennbare Tatsachengrundlage darstellen (Fortführung von BGH, Urteil vom 17.02.2011 – III ZR 144/10, juris Rn. 13, WM 2011, 505).

2. Ist im Prospekt eines Fonds, bei dem nach dem „blind pool“-Konzept die beabsichtigten Investitionsobjekte noch nicht feststehen, gleichwohl eine Ergebnisprognose angegeben, die sich auf konkrete, im Prospekt aber nicht nachprüfbar belegte Erfahrungswerte stützen soll, dann ist gegenüber der Inanspruchnahme durch einen Anleger wegen der Geltendmachung eines Prospektfehlers in Form des Fehlens einer Tatsachengrundlage für die Ergebnisprognose der Fondsherausgeber aufgrund einer sekundären Darlegungslast gehalten, diese Erfahrungswerte offenzulegen. Dasselbe gilt für den Treuhandkommanditisten, der seine vorvertraglichen Aufklärungspflichten anhand des Prospektes erfüllen will.

3. Eine Regelung in AGB, durch welche die Haftung des Treuhandkommanditisten einer Publikums-KG für die Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten gegenüber den Anlegern durch eine mangelnde Überprüfung der Prospektangaben ausgeschlossen werden soll, ist als eine den Geboten von Treu und Glauben zuwider unangemessene Benachteiligung der Anleger unwirksam (Anschluss an BGH, Urteil vom 16.03.2017 – III ZR 489/16, juris Rn. 30, NJW-RR 2017, 750).

4. Eine Regelung in AGB, durch welche die Frist für die Verjährung für die Ansprüche der Anleger einer Publikums-KG gegen den Treuhandkommanditisten aufgrund der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten auf ein Jahr verkürzt und der Fristbeginn ab dem Moment der Möglichkeit der Kenntnisnahme von den haftungsbegründenden Umständen festgelegt werden soll, ist als eine den Geboten von Treu und Glauben zuwider unangemessene Benachteiligung der Anleger unwirksam (Fortführung von BGH, Urteil vom 21.04.2015 – XI ZR 200/14, juris Rn. 17, BGHZ 205, 83).