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10.05.2022 - Zu den Grundsätzen des Beschleunigungsgebots in Haftsachen (Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 12.12.1973 – 2 BvR 558/73, BVerfGE 36, 264; Beschluss vom 01.04.2020 – 2 BvR 225/20)

Datum der Entscheidung
10.05.2022
Aktenzeichen
1 HEs 1/22, 2/22, 3/22
Normen
GG Art. 2 Abs. 2 S. 2, Art. 20 Abs. 3, Art. 104; EMRK Art. 6 Abs. 2; StPO § 121 Abs. 1, § 122
Rechtsgebiet
Strafprozessrecht
Schlagworte
Strafprozessrecht, Beschleunigungsgebot, Untersuchungshaft, Haftprüfung, Beginn der Hauptverhandlung
Titel der Entscheidung

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Zu den Grundsätzen des Beschleunigungsgebots in Haftsachen (Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 12.12.1973 – 2 BvR 558/73, BVerfGE 36, 264; Beschluss vom 01.04.2020 – 2 BvR 225/20) (102.8 KB)
Leitsatz
I. Die Rechtfertigungsgründe für die Auferechterhaltung einer Untersuchungshaft über die Haftdauer von 6 Monaten hinaus nach § 121 Abs. 1 StPO sind eng auszulegen und können eine Fortdauer der Untersuchungshaft nur dann rechtfertigen, wenn ihr Vorliegen nicht in den Verantwortungsbereich der staatlich verfassten Gemeinschaft fällt (Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 12.12.1973 – 2 BvR 558/73, BVerfGE 36, 264).
II. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist nicht nur für die Anordnung, sondern auch für die Dauer der Untersuchungshaft von Bedeutung. Er verlangt, dass die Dauer der Untersuchungshaft nicht außer Verhältnis zur erwarteten Strafe steht, und setzt ihr auch unabhängig von der Straferwartung Grenzen (Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 01.04.2020 – 2 BvR 225/20, juris Rn. 58).
III. Das Beschleunigungsgebot in Haftsachen verlangt, dass die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die einem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen (Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 01.04.2020 – 2 BvR 225/20, juris Rn. 60).
IV. Von den Beschuldigten nicht zu vertretende, sachlich nicht gerechtfertigte und vermeidbare erhebliche Verfahrensverzögerungen stehen regelmäßig einer weiteren Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft entgegen. Allein die Schwere der Tat und die sich daraus ergebende Straferwartung vermögen bei erheblichen, vermeidbaren und dem Staat zuzurechnenden Verfahrensverzögerungen nicht zur Rechtfertigung einer ohnehin schon lang andauernden Untersuchungshaft zu dienen (Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 01.04.2020 – 2 BvR 225/20, juris Rn. 61).