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02.03.2018 - Zur Bestellung eines Pflichtverteidigers und zur Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung bei der Verteidigung von mehreren Mitbeschuldigten durch Rechtsanwälte derselben Sozietät oder Bürogemeinschaft

Datum der Entscheidung
02.03.2018
Aktenzeichen
1 Ws 12/18
Normen
EMRK Art. 6 Abs. 3 lit. c; GG Art. 20 Abs. 3; BORA § 3 Abs. 2
Rechtsgebiet
Strafprozessrecht
Schlagworte
Strafprozessrecht, Grundsatz des fairen Verfahrens, Interessenkonflikt bei Verteidigung, mehrere Verteidiger aus derselben Sozietät
Titel der Entscheidung

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Zur Bestellung eines Pflichtverteidigers und zur Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung bei der Verteidigung von mehreren Mitbeschuldigten durch Rechtsanwälte derselben Sozietät oder Bürogemeinschaft (121.3 KB)
Leitsatz
1. Die Bestellung zum Verteidiger kann schon wegen der Absehbarkeit eines Interessenkonfliktes abgelehnt werden, ohne dass es konkreterer Hinweise auf das Bestehen dieses Konflikts bedarf.

2. Ein solcher Interessenkonflikt ist bei der Verteidigung von mehreren Mitbeschuldigten durch Rechtsanwälte derselben Sozietät oder Bürogemeinschaft nach allgemeinen Gesichtspunkten grundsätzlich schon immer dann absehbar, wenn eine Anklage wegen einer gemeinsam begangenen Tat vorliegt. Nach den Umständen des konkreten Einzelfalls kann diese Gefahr ausgeräumt sein, was insbesondere auf der Grundlage des Einlassungsverhaltens der Beschuldigten zu überprüfen ist.

3. Die Abberufung eines Pflichtverteidigers im Hinblick auf das Vorliegen eines Interessenkonflikts wegen der Verteidigung von mehreren Mitbeschuldigten durch Rechtsanwälte derselben Sozietät oder Bürogemeinschaft setzt dagegen grundsätzlich das Vorliegen konkreterer Hinweise auf das Bestehen dieses Konflikts voraus.

4. Diese Hinweise müssen nicht die Darlegung und Glaubhaftmachung eines Interessenkonflikts in Bezug auf den eigenen Verteidiger durch konkrete Umstände beinhalten, wie dies in sonstigen Fällen der Abberufung eines Verteidigers aus wichtigem Grund erforderlich ist. Diese Erstreckung des Interessenkonflikts ist nach § 3 Abs. 2 BORA bereits in der Verbindung der Rechtsanwälte zur gemeinsamen Berufsausübung normativ vorgegeben.